Donnerstag, 21. Juli 2011

Mit Düften leben - ein Streifzug durch die Aromatherapie


Ein Sommertag, die Sonne steht heiß am Himmel, die Blumen blühen, die Heuschrecken hüpfen vor Ihren Füßen auf, während Sie durch eine Wiese wandern. Ein Heuhaufen am Wegesrand - sein Duft steigt Ihnen in die Nase und plötzlich sind sie alle wieder da, die Bilder aus der Kindheit: der Urlaub auf dem Bauernhof, Kinder in Lederhosen und Dirndln, die Mithilfe beim Heueinbringen, das Mittagsmahl im Schatten, die Heimfahrt auf dem Wagen, der Sprung vom Heuboden und die weiche - mitunter auch stachelige - Landung im duftenden Berg aus Gräsern und Blumen.


Oder ein „normaler“ Tag in Ihrem Leben: Sie sind in Eile, vielleicht auf dem Weg zur Arbeit. Da plötzlich von irgendwoher der Duft einer Rose. Sie halten kurz inne, saugen soviel wie nur möglich von dem herrlichen Geruch ein. Ihr Gesicht entspannt sich, die Mundwinkel gehen nach oben. Beschwingter als zuvor setzen Sie Ihren Weg fort.

Dies nur zwei Beispiele, wie Düfte auf uns wirken - und die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen. Gerüche begleiten unser ganzes Leben: sie warnen uns vor Gefahren (z.B. Brandgeruch) oder zeigen an, was uns gut tut; sie beeinflussen unsere Stimmungen und Motivationen, unsere Vorlieben und Abneigungen, die Anziehung, die wir für andere Menschen - und diese für uns - empfinden; sie steuern unseren Appetit (was wäre das Essen ohne den Duft der Speisen!), wirken auf unser vegetatives Nervensystem (Herzschlag, Atmung, Verdauung...), sind Ausdruck unseres Gemüts- u. Körperzustandes, Auslöser von Erinnerungen und Assoziationen.

Verarbeitet werden Geruchseindrücke - nachdem sie über die Riechschleimhaut in der Kuppel der Nasenhöhle mit ihren 10 Millionen Nervenzellen aufgenommen und über den Riechkolben weitergeleitet worden sind - im stammesgeschichtlich ältesten Abschnitt unseres Gehirns, dem Limbi-schen System (einem Teil des Stammhirns).

Anders als Hör- u. Seheindrücke  werden Gerüche dabei nicht zuerst von Zentren der Großhirnrinde, d.h. von unserem bewußten Denken, analysiert und zensiert, bevor sie eine Reaktion aus-lösen,  denn ihre ursprüngiche Funktion war es, den Menschen über (Lebens)Gefahr bzw. Sicherheit zu informieren und  den Körper dementsprechend in Sekundenschnelle auf die Notwendigkeit von Angriff bzw. Flucht vorzubereiten.

Gerüche wirken außerdem unmittelbar auf unser Gefühlsleben und unser Unbewusstes – eine Tatsache von der heute ganze Industriezweige leben und die sich auch die Jahrtausende alte und heute - nach einer  durch die Industrialisierung bedingten Pause - wieder auflebende Aromatherapie zunutze macht.

Die von letzterer verwendeten ätherischen Öle sind Bestandteile verschiedenster Pflanzen, die in unterschiedlichen Pflanzenteilen (Blüten, Blättern, Wurzeln, Früchten ...) konzentriert eingelagert sind. Der Pflanze dienen sie als Energiespeicher, Informationsträger, Temperaturregler, zum An-locken oder Abwehren von Insekten und als Schutz vor Krankheiten. Zugleich repräsentieren sie die Seele, das Wesen der Pflanze in konzentrierter Form, weshalb man sie auch als „Essenzen“ bezeichnet.

Von den Hunderten duftenden, aromatischen Pflanzen werden weltweit etwa 700 zur Herstellung ätherischer Öle verwendet, davon kommen wieder 120-150 in der Aromatherapie zur Anwendung. Ihre chemische Zusammensetzung ist so kompliziert, daß es bis heute bei keiner einzigen Pflanze gelungen ist, sämtliche Bestandteile zu analysieren, geschweige denn ein natürliches ätherisches Öl bis ins letzte Detail künstlich nachzubauen.

In diese Richtung gehende Versuche haben häufig finanzielle Hintergründe, denn die Ausbeute - und daher auch der Preis - bei einem naturbelassenen Produkt ist von vielen unwägbaren Faktoren, bes. von Klimaschwankungen, abhängig. In Anbetracht der tiefgreifenden Wirkung von Duftstoffen und des vergleichsweise geringen Verbrauchs ist jedoch ein naturbelassenes und dafür vielleicht teureres ätherisches Öl allen - großteils durch unterschiedlichste Manipulationen verfälschten - Billigangeboten vorzuziehen (neben dem Preis ist auch die Detailliertheit der Angaben auf den Etiketten, z.B. botanische Herkunft, Herkunftsland, Pflanzenteil, Herstellungsart, ein Zeichen, dass der Händler bemüht ist, Qualität anzubieten)

Die Aromatherapie - die sich seit ihrer Wiederentdeckung im Frankreich des beginnenden 20.Jahrhunderts über England schließlich auch in deutschsprachige Länder  verbreitet hat - nutzt nun diese ätherischen Öle, um nach den Prinzipien der Naturheilkunde die Lebenskraft und die Selbstheilungskräfte des Klienten zu wecken und zu stärken, unbewußte Einstellungen, die im Limbischen System gespeichert sind, zu lockern und zu verändern. Krankheiten, die ja – nach den Erkenntnissen der Psychoneuroimmunologie - auf dem Nährboden von Einstellungen und Motiva-tionen entstehen, können positiv beeinflußt werden, wenn man das seelische Gleichgewicht, das die Basis für unsere Gesundheit bildet, durch die entsprechenden Düfte wiederherstellt.

Ätherische Öle wirken aber nicht nur durch ihren Duft auf der seelischen und geistigen Ebene, sondern in ihrer Eigenschaft als chemische Substanzen auch ganz konkret körperlich. Bereits die Aufnahme durch den Geruchssinn zeitigt eine Wirkung auf den Körper: verschiedene neurochemische Stoffe (Encephaline, Endorphine, Serotonin, Noradrenalin ...) werden ausgeschüttet, das vegetative Nervensystem und die entsprechenden Organe werden beeinflusst.

Werden die Öle dann auch über die Haut aufgenommen (immer in Verdünnung mit geeigneten Trägersubstanzen, da es sonst zu Hautreizungen kommen kann!), pflegen, glätten und nähren sie einerseits die Haut, dringen aber auch über Bindegewebe und Lymphe in den Blutkreislauf ein und erreichen so die ihnen zugeordneten Organe. (Die ebenfalls bei körperlichen Beschwerden angewandte innerliche Einnahme sollte allerdings nur unter Aufsicht eines/r Experten/in erfolgen)

Als Stoffe mit tief greifender und doch sanfter Wirkung auf den ganzen Menschen dienen ätherische Öle also einerseits der ganzheitlichen Harmonisierung - und vertragen sich in dieser Eigenschaft mit  den meisten anderen Methoden der Komplementärmedizin (mit Homöopathie unter Einschränkungen). Sie tragen aber andererseits auch zu einem vermehrten Lebensgenuss bei. 

Man denke nur an ihre Anwendung in der Duftlampe und in Raumsprays, in aromatischen Bädern, natürlichen Parfums, pflegenden Crèmen, entspannenden oder anregenden Massageölen, in der Sauna oder in der Aromaküche, wo sie mit wenigen Tropfen Duft und Geschmack ihres Ausgangsprodukts in die Speisen zaubern.

Der Experimentierfreude sind dabei auch für Laien - immer vorausgesetzt, daß sie einige Vorsichtsmaßnahmen hinsichtlich der Anwendung (Dosierung, Verdünnung, Schwangerschaft, Allergieanfälligkeit,...) beachten und auf Qualität Wert legen - kaum Grenzen gesetzt. Je mehr man sich mit diesem Gebiet beschäftigt, desto deutlicher wird die schier unerschöpfliche Vielfalt der Möglichkeiten. Mit Düften zu leben erweist sich alsbald als ein immer wieder neues, aufregendes Abenteuer, das die Vitalität und die Immunabwehr steigert und zu Lebensfreude,  Lebensgenuss und Wohlbefinden im Alltag beiträgt.

© Margot Handler 2008



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